Die Europäische Gottesanbeterin – Exotische Schönheit in der Mehlinger Heide
Die Europäische Gottesanbeterin (Mantis religiosa) ist ein faszinierendes Insekt, das mit ihrem ungewöhnlichen Aussehen und ihrer lauernden Jagdweise beinahe exotisch wirkt. Doch auch sie hat in der Mehlinger Heide ein Zuhause gefunden – ein Beweis für die besondere ökologische Qualität und Artenvielfalt dieses einmaligen Naturraumes.
Mit ihrem schlanken, grünen oder bräunlichen Körper und dem auffällig dreieckigen Kopf wirkt die Gottesanbeterin fast wie ein Wesen aus einer anderen Welt. Charakteristisch sind ihre großen Komplexaugen, die ihr ein fast „versonnenes“ Aussehen verleihen, sowie die namensgebenden, gefalteten Vorderbeine, die im Ruhezustand an eine betende Haltung erinnern. Diese Beine dienen allerdings keineswegs frommen Zwecken – es handelt sich um perfekt angepasste Fangarme, mit denen sie blitzschnell Beute greift und festhält.
Lebensraum in der Mehlinger Heide
Die Mehlinger Heide bietet mit ihren sandigen, trockenen Böden, offenen Flächen und sonnenbeschienenen Kiefern- und Heidebeständen ideale Lebensbedingungen für diese wärmeliebende Art. Ursprünglich vor allem in südlicheren Gefilden verbreitet, profitiert die Gottesanbeterin mittlerweile auch in Deutschland von klimatischen Veränderungen, wodurch sich ihr Verbreitungsgebiet immer weiter nach Norden ausdehnt. Dass sie inzwischen auch in Rheinland-Pfalz gesichtet wird – etwa in der Mehlinger Heide – zeigt, wie wichtig dieses Gebiet als Refugium für wärmeliebende Arten geworden ist.
Besonders im Spätsommer kann man mit etwas Glück ein gut getarntes Exemplar entdecken, das bewegungslos in der Vegetation lauert – vorzugsweise auf höheren Gräsern, Ginster oder Heidekraut. Ihre Körperfärbung passt sich erstaunlich gut an ihre Umgebung an, was sie für Feinde wie auch für aufmerksame Beobachter schwer auffindbar macht.
Lebensweise und Fortpflanzung
Die Gottesanbeterin ist ein Lauerjäger. Sie ernährt sich vorwiegend von Insekten wie Fliegen, Heuschrecken oder Schmetterlingen – manchmal sogar von kleineren Artgenossen. Mit ihren kräftigen Fangarmen schlägt sie blitzartig zu und beginnt direkt mit dem Verzehr, oft noch während die Beute zappelt. Dieses Verhalten wirkt brutal, gehört jedoch zum natürlichen Kreislauf ihrer Rolle als effektiver Räuber.
Die Paarung der Gottesanbeterin ist berühmt – oder berüchtigt: Nicht selten frisst das Weibchen das Männchen direkt während oder nach dem Akt auf. Obwohl dieses Verhalten nicht bei jeder Kopulation auftritt, ist es eines der auffälligsten Beispiele für sexuellen Kannibalismus im Insektenreich.
Im Anschluss legt das Weibchen eine ovale, schaumartige Eikapsel (Oothek) an Halmen oder Ästen ab, in der die Eier sicher überwintern. Erst im Frühjahr schlüpfen die winzigen Larven und begeben sich sofort auf Nahrungssuche.
Besonderer Schutz in einem besonderen Lebensraum
Die Europäische Gottesanbeterin steht unter strengem Schutz und darf in Deutschland nicht gesammelt oder getötet werden. Ihre Anwesenheit in der Mehlinger Heide unterstreicht den hohen ökologischen Wert dieses Gebiets. Hier finden wärmeliebende Arten wie sie nicht nur geeignete klimatische Bedingungen, sondern auch ein reiches Nahrungsangebot und genügend Rückzugsorte.
Besucher der Heide sollten also mit geschärftem Blick durch das Gelände gehen – vielleicht wird man ja Zeuge einer stillen Jagd oder entdeckt eine Gottesanbeterin in ihrer eleganten Tarnung. Ihr Auftreten ist ein stilles Zeichen für eine intakte, artenreiche Landschaft – ein Kleinod, das es zu bewahren gilt.