Ein Sonntag im Spätsommer – Verliebt in die Heide
„Wie könnten wir diesen Sonntag verbringen?“ – eine einfache Frage, in goldenes Licht getaucht. Vier befreundete Paare, verbunden durch Lebenslust und Wanderfreude, stehen vor einem Spätsommertag, der nach Fernweh schmeckt. „Welche Landschaft kennen wir noch nicht? Welche Pfade sind uns noch unbekannt?“ Und da war plötzlich diese Erinnerung – flüchtig wie ein Sonnenstrahl auf Herbstlaub: Ein Kollege aus Sembach hatte von ihr geschwärmt, von einer wilden, duftenden Schönheit westlich von Mehlingen – der Mehlinger Heide.
Wir brachen auf. Von Worms durchs liebliche Zellertal, wo die Reben noch vom Sommer singen, auf die A63, dann die Ausfahrt Sembach – ein vertrauter Weg, doch mit unbekanntem Ziel. Der Parkplatz am Ortsausgang Mehlingen empfing uns mit Picknicktischen, einem stillen Spielplatz und der Frage: „Warum sind unsere Kinder schon groß?“ Wie hätten sie wohl gelacht, geklettert, geträumt – dort, auf der kleinen Holzburg am Waldrand?

Ein kurzer Fußmarsch, noch über Asphalt und eine Autobahnbrücke, brachte uns in eine andere Welt. Kaum hatten wir das alte Militärgelände betreten, das einst von französischen Panzern durchpflügt wurde, spürten wir, dass hier etwas gewachsen war – nicht nur Pflanzen, sondern Frieden.
Ein Sandweg wie aus einem alten Reisejournal führte uns auf eine Anhöhe, wo ein hölzerner Pavillon den Blick freigab – und was wir sahen, ließ unsere Stimmen leiser und die Herzen weiter werden. Vor uns lag sie, die größte Zwergstrauchheide Süddeutschlands – ein ozeangleicher Teppich aus blühendem Heidekraut, durchzogen von Birken, Gräsern und dem leisen Rascheln der Geschichte. Überall standen Infotafeln, liebevoll gestaltet, wie kleine Gedichte der Naturkunde.
Wir schlenderten, staunten, blieben stehen, hörten zu – den Vögeln, den Schafen, dem Wind. Heidschnucken zogen gemächlich durch das Gelände, ihre grauen Locken wehten im sanften Spätsommerlicht. Die Luft duftete nach warmem Sand, Ginster und Wildblumen. Es war ein Ort der Zeitlosigkeit – eine Landschaft zum Verlieben.
Ein Landschaftspfleger erzählte uns beiläufig von einem besonderen Bewohner der Heide: dem Ziegenmelker, einer scheuen, dämmerungsaktiven Nachtschwalbe. Wir lauschten mit kindlicher Spannung – und sahen tatsächlich, wie zwei Paare dieser falkengroßen Vögel in die niedrigen Baumkronen flatterten, als wollten sie uns ein sanftes Willkommen zuflüstern.

DDer Weg durch die Heide – ein sandiger Rundweg mit mehreren Einstiegsmöglichkeiten – ließ uns vergessen, wie lange wir unterwegs waren. 2,5 Stunden vielleicht, vielleicht 4. Die Dämmerung kam, und mit ihr jene Stille, die man nur an Orten erlebt, die man nicht nur mit den Füßen, sondern mit der Seele betritt.
Als wir wieder am Parkplatz ankamen, waren unsere Schritte langsam, unsere Stimmen weich, unsere Herzen voll. Und wir wussten: Wir kommen wieder. Weil die Mehlinger Heide mehr ist als ein Naturschutzgebiet – sie ist ein Gedicht unter offenem Himmel, ein sonntäglicher Liebesbrief an das Einfache, das Wilde und das Schöne. Möge sie bleiben, wie sie ist – ohne Pommesbude, ohne Karussell. Nur mit Wind, Sand und Zeit.
Viel Spaß ! W.H.